Auf unserer Apulienreise im September 2022 mussten wir unbedingt einen Abstecher nach Gallipoli unternehmen. Nicht nur des angeblich schönsten Sonnenuntergangs von Apulien wegen (einer der wenigen Orte mit Westausrichtung), sondern weil Gallipoli anscheinend als Hauptstadt der Taralli gilt, und Ulli ein großer Fan dieses Gebäcks ist.
Taralli sind eine süditalienische Spezialität, die wir gerne zum Aperitif snacken. Es sind kleine Teigringe, salzig und knusprig, es gibt sie pur und in gewürzten Varianten – mit Olivenstücken, mit Fenchelsamen (ganz typisch!), mit Tomatengeschmack, gepfeffert, usw. Das Rezept stammt der Legende nach aus dem 15. Jahrhundert, der zufolge eine arme Mutter aus Apulien mit vielen hungrigen Kindern die Taralli erfunden habe. Die Familie war arm und aus der Not heraus habe diese Frau Mehl, Wasser, Öl und Salz (manche meinen auch mit Wein, aber ohne Salz, das zu teuer war) einen einfachen Teig geknetet, diesen in Streifen geschnitten und die Kinder damit beschäftigt, dass sie kleine Ringe aus dem Teig formen mussten. Das schmeckte so gut, dass sich Taralli schnell im Salento, dem apulischen Süden, verbreitete. Und heutzutage haben sie nicht nur ganz Italien, sondern die ganze Welt erobert. Aber die besten gibt es in Apulien. Und eine neapolitanische Variante gibt es auch, die den Ursprung natürlich für sich beansprucht. Sie sind etwas größer, enthalten Schweineschmalz und werden aus einem Brotteig gebacken, so dass sie aufgehen und luftiger sind. Wie auch immer, wir mögen diese Kringel und wollten die Ursprungsregion kennen lernen.
Wir kamen im modernen Zentrum von Gallipoli an, wo wir unser Auto parkten. Wir wanderten die pulsierende Hauptstraße westwärts und von dort über eine Brücke auf die Insel, auf der die sehenswerte Altstadt liegt. Wir schlenderten im Gassengewirr umher, erfreuten uns an den pittoresken Häusern und Plätzen, stießen immer wieder auf Sackgassen und suchten Taralli-Bäckereien. Der Erfolg war, nun ja, niederschmetternd. In einer ehemaligen Apotheke, in der handwerklich kreierte Parfums verkauft wurden, wurden wir an eine Bäckerei verwiesen, die noch selbst Taralli herstellt. Sie lag um die Ecke. Dort ließen wir uns beraten und kauften verschiedene Geschmacksrichtungen. Taralli halten lange, wenn sie in einem luftdichten Gefäß aufbewahrt werden, ähnlich wie die Friselle.
Wir umrundeten die kleine Insel und kamen gerade rechtzeitig zum Strand, die Spiaggia dell Purità, von wo aus man den wunderbaren Sonnenuntergang erleben kann. Wir besuchten zuvor noch die Kirche Chiesa di Santa Maria della Purità mit ihrem wunderschönen Boden aus Majolikafliesen und setzten uns in eine Bar mit Blick aufs Meer. Beim Aperitivo diskutierten wir, woher wir die Information hatten, dass Gallipoli die Hauptstadt der Taralli wäre. Wir wussten es nicht mehr und konnten es auch nicht mehr rekonstruieren, was wir wo missverstanden hätten. Überall anderswo in Apulien, in Lecce, in Bari, haben wir mehr Taralli-Bäckereien gefunden als hier. Bei den Taralli sind wir in Gallipoli nicht so fündig geworden, aber Blick aufs abendliche Meer und der Sundowner waren perfekt.
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