Vor dem Poschieren, dem Garziehen, von Fischfilets haben viele Hobbyköche und -köchinnen großen Respekt. Die Gefahr, dass die feinen Fischstücke rasch zerfallen, wenn man zu heiß oder zu lange poschiert, sitzt einem immer im Nacken, auch die Sorge, dass der Fisch nicht durch ist, weil zu kurz im Sud, begleitet einem. Wir kennen das aus eigener frustrierender Erfahrung.
Aber wir haben die Methode immer wieder angewandt, so dass wir jetzt ein Rezept veröffentlichen können, das mit größtmöglicher Sicherheit gelingt. Der häufigste Fehler ist die zu hohe Temperatur des Suds, in dem poschiert wird. In vielen Rezepten steht, dass die Filets „bei geringer Hitze weitergekocht“ werden sollen. Das ist irreführend. Für Fisch liegt die ideale Temperatur der Flüssigkeit bei rund 70° C. Wie diese Temperatur ohne groß mit dem Thermometer messen zu müssen, erreicht wird, beschreiben wir in dieser Anleitung.
Zuvor aber noch ein Wort zu dem Begriff „Acqua Pazza“. „Verrücktes Wasser“ wurde es in Süditalien genannt, als das Salz wegen der Steuern so teuer wurde, dass es für die Bevölkerung nicht mehr leistbar war. Findig nahmen sie das wenige Salz, das sie sich leisten konnten, zum Pökeln, aber zum Kochen verwendeten sie Meerwasser, in dem bereits das Salz enthalten war. Das Wasser wurde geschmacklich mit Gewürzen und Gemüse, was gerade verfügbar war, angereichert. Daher gibt es ziemlich viele Rezepte von Acqua Pazza, wie eben jede Familie, jede Region und jede Saison ihre bevorzugten bzw. gerade vorhandenen Zutaten einsetzte. Knoblauch und Tomaten waren aber meistens mit dabei. Selbst kann man auch sich von den vorhandenen Rohstoffen inspirieren lassen, auch die Flüssigkeit selbst kann noch mit Wein, Essig oder anderen Getränken ergänzt werden. Wir nehmen am liebsten trockenen Weißwein oder Vermouth wie Noilly Prat.
Zutaten für zwei Hauptgerichte
- 2 Meeresfischfilets (z.B. Wolfsbarsch, Dorade, Scholle) mit Haut
- 3 EL Olivenöl
- 1–2 Knoblauchzehen
- 1 kleine Zwiebel, rot oder weiß
- 10 – 12 Kirschtomaten, rot, grün, gelb nach Belieben
- Salz und Pfeffer
- 1/8 l Weißwein
- Wasser nach Bedarf (oder Fischsud)
- 3 – 4 Stängel Petersilie
- optional: Chiliflocken oder frische Chili
- 2 EL gehackte Petersilie
Die Filets prüfen, ob sie grätenfrei sind und bei Bedarf mit einer Pinzette entgräten. Das geht am besten, wenn man die Filets mit der Hautseite nach unten über eine Schale legt und mit den Fingern über das Filet streicht. So spürt man am besten, ob noch Gräten vorhanden sind, die sich gleich mit der Pinzette herausziehen lassen. Vorsichtig arbeiten und immer die Finger der anderen Hand um die Stelle der Gräte legen, um nicht das Fleisch mitzuziehen.
Damit das Poschieren leicht gelingt, empfehlen wir eine Pfanne aus Gusseisen, die die Wärme gut hält. In der Pfanne das Olivenöl erhitzen. Die Knoblauchzehe(n) ungeschält gut andrücken, die geschälte Zwiebel vierteln und beides im heißen Öl kurz anbraten, ohne dass sie Farbe annehmen. Von den Tomaten den Stiel entfernen und beim Stielansatz kreuzweise so tief einschneiden, dass die sich ein wenig öffnen, aber nicht auseinanderklappen. Die Tomaten in die Pfanne geben, salzen und pfeffern, dann mit Weißwein ablöschen. Ein wenig köcheln lassen, so etwa 3 bis 4 Minuten, dann mit so viel Wasser aufgießen, dass die Tomaten halb bedeckt sind. Aufkochen lassen und die Petersilienstängel dazugeben, optional noch mit Chili würzen, wir bevorzugen aber nur eine ganz zarte Schärfe, damit das Fischaroma nicht überdeckt wird.
Nachdem alles aufgekocht ist, die Hitze auf null drehen und ca. eine Minute warten. Dann die Fischfilets, die schon Zimmertemperatur haben, einlegen, dass sie weitgehend bedeckt sind, durch ihre kühlere Temperatur senken sie die der Flüssigkeit automatisch weiter, so dass sie nun optimal ist. Deckel auf die Pfanne (die nicht bedeckten Teile der Filets werden durch den Dampf gegart) und alles je nach Stärke der Filets rund 7 bis 10 Minuten ohne weitere Hitzezuführung garziehen lassen. Nach 7 Minuten kurz den Deckel heben und prüfen, ob die Filets schon gar sind, das erkennt man an der Oberseite: Wenn sich die Fleischstruktur der Filets ein wenig auseinander bewegt, dann sind die Stücke in der Mitte noch leicht glasig und somit fertig gegart.
Die Filets mit einem Fischheber oder einem durchlässigen Pfannenwender aus dem Sud heben und auf vorgewärmten Tellern anrichten. Dazu die Tomaten und Zwiebelstücke legen, alles mit dem Sud beträufeln und mit gehackter Petersilie bestreuen. Wer mag, gibt als Beilage gekochte Kartoffeln oder Weißbrot dazu, um den köstlichen Sud aufzutunken. Im Süden Italiens, vor allem in Apulien und im Raum Neapel werden Friselle dazu gereicht, dieses trockene Brot in Donut-Form, das einst die Fischer mit auf See genommen und vor dem Verzehr mit Meerwasser beträufelt haben.
Tipps:
Der Acqua-Pazza-Sud lässt sich gut vorbereiten. Nach dem ersten Aufkochen kann er gut aufbewahrt werden und später, wenn das Gericht frisch fertiggestellt werden soll, wird er nochmals aufgekocht und von der Hitze genommen, damit dann die Filets garziehen können.
Es wird bestimmt nach dem Anrichten noch Sud übrig sein. Diesen auf jeden Fall konservieren und als Flüssigkeit für ein Meeresfrüchterisotto oder eine Fischsuppe verwenden. Eingefroren hält der Sud gut ein paar Monate.