Seit einigen Jahren besitzen wir einen Multidampfgarer, einen Backofen, der auch dampfgaren kann. Mit diesen beiden kombinierten Funktionen hat der Hersteller eine Vielzahl von weiteren Garmethoden in das Gerät programmiert, sodass man von Dampf- und Sous-Vide-Garen über normales Backen und Grillen bis Dörren und Joghurt-Machen eine breite Palette von Einsatzmöglichkeiten findet.
In den Herstellerangaben steht beim Brotbackprogramm, dass Vorheizen nicht nötig ist. Der Teigling wird nach der Stückgare eingeschnitten und in den kalten Ofen gegeben. Dann wird das Programm gestartet, das mit Dampf den Ofen auf 180° C aufheizt und in insgesamt ca. 50 bis 60 Minuten das Brot fertig backt. Wir haben das schon ein paar Mal ausprobiert und fanden das Ergebnis sehr gut, überraschend gut. Denn traditionell schießen wir die Brote in den aufgeheizten Ofen (230° C, mehr geht bei diesem Gerät nicht), schwaden bei Bedarf mit Hilfe der Dampffunktion, lassen die Temperatur nach 10 Minuten um 20° bis 30° C abfallen und backen so das Brot in rund weiteren 30 Minuten fertig.
Jetzt wollten wir es genau wissen. Eines unser Lieblingsbrote ist das Nussbrot. Da gerade eine größere voll aktive Menge von unserem Lievito Madre vorhanden war, wandelten wir das Rezept zu einem All-in-one-Rezept ab. Wir stellten zwei identische Brotteiglinge zu je einem Kilo Brotlaib her und backten sie einmal mit der Automatikmethode des Ofens, das zweite Mal nach dem traditionellen Verfahren. Und das kam beim Vergleich heraus:
Rezept pro Laib Brot von ca. 1 Kilo
(Variante All-in-One)
- 100 g Lievito Madre
- 400 g Weizenmehl W 700
- 115 g Roggenmehl R 960
- 380 g Wasser
- 12 g Salz
- 150 g geröstete Walnüsse
Den Sauerteig Lievito Madre mit dem Wasser schaumig verrühren. Dann das Mehl hineingeben, 3 bis 5 Minuten bei geringer Geschwindigkeit vermischen, dann schneller verkneten. Nach 5 Minuten Salz und Walnüsse dazu geben und bei gleicher Geschwindigkeit weiterkneten. Den Teig in eine Schüssel geben und abgedeckt bei Zimmertemperatur 12 bis 14 Stunden ruhen lassen, bis sich der Teig verdoppelt hat. Dabei in den ersten beiden Stunden jeweils einmal dehnen und falten.
Mach der Stockgare den Teig auf eine gut bemehlte Arbeitsfläche geben und lang wirken. Darauf achten, dass nicht zu viel Luft aus dem Teig entweicht und er nicht gepresst wird. Den Teigling mit dem Schluss nach oben ins bemehlte Gärkörbchen geben und abgedeckt eine Stunde reifen lassen.
Wir haben die beiden Brote hintereinander gebacken. Der einzige Unterschied zwischen den Teiglingen war, dass der zweite ein wenig länger in der Teigwanne verweilte, während der erste in der Stückgare war.
Der erste Backvorgang startete im kalten Ofen und wurde im Automatikprogramm bei 180° C durch insgesamt 50 Minuten geführt. Danach heizten wir den Ofen auf 230° C auf, das zweite Brot wurde eingeschossen, geschwadet und nach 10 Minuten bei 210° C weitergebacken. Insgesamt war das zweite Brot 40 Minuten im Backrohr.
Beide Brote hatten den gleichen Ofentrieb und kamen mit demselben Volumen heraus. Wir ließen beide Brote gut auskühlen und schnitten sie nach 4 Stunden an. Wir verkosteten sie mit Freunden.
Der erste und augenscheinlichste Unterschied zwischen den beiden Broten war die Optik. Während sich beim Automatikbrot (im Bild oben das obere Brot) durch den Dampf im kalten Backofen die Musterung des Gärkorbes fast vollständig verlor, blieben beim Traditionsbrot (im Bild oben das untere Brot) die charakteristischen Streifen erhalten.
Beim Anschnitt zeigte sich, dass die Krusten leicht unterschiedlich waren. Das Automatikbrot hatte eine feinere, zarte Kruste, die optisch nicht wesentlich dünner war als die des Traditionsbrot, das sich aber deutlich robuster anfühlte. Am Boden der Brote war der Unterschied etwas deutlicher zu erkennen. Knusprig waren beide, geschmacklich keine Differenz.
Die Krume war beim Automatikbrot regelmäßiger, beim Traditionsbrot etwas wilder. In der Elastizität und der Saftigkeit gab es keine Verschiedenheiten. Geschmacklich waren beide identisch.
Unser Fazit: Optisch sind die Brote durchaus verschieden, die Ästhetik des traditionell hergestellten entspricht mehr dem Bild eines handwerklichen Brotes. Die Krusten der beiden Brote waren knusprig, die des Automatikbrotes wurde als etwas dünner wahrgenommen. Die Krume des Letzteren war regelmäßiger und machte einen harmonischeren Eindruck. Geschmacklich waren beide Brote gleich gut. Wenn wir nur die Krume verkosteten, konnten wir sie den Broten nicht zuordnen.
Durch die niedrigere Temperatur und den Wegfall der Vorheizzeit ist das Automatikbrot beim Energieverbrauch sicherlich der Gewinner, verloren hat es optisch gegen das Traditionsbrot, das zusätzlich mit einer kräftigeren Kruste punktete. Die Mehrheit der Verkostenden war für Letzteres, aber wir sind überzeugt, dass dieser Unterschied nur in der direkten Verkostung erkennbar war – oder vielleicht von einem professionellen Brotsommelier herausgefunden wird. Handwerkliche Brote sind so individuelle Produkte, dass sie nicht eng genormt werden können und sollen, wie wir finden.
Was heißt das jetzt für uns? Für unseren Hausgebrauch können wir uns vorstellen, im Sinne von Energiesparmaßnahmen ein wenig öfter mit der Automatikmethode zu backen. Vielleicht kann die Kruste dabei noch unterstützt werden, indem das fertige Brot im auskühlenden Backrohr belassen wird. Auch gibt es Brote, die im Kasten gebacken werden, wo das Muster des Gärkorbes gar keine Rolle spielt, diese werden wir bevorzugt so backen.